Weiße Berge - Kalibergbau auf beiden Seiten
Schon um 1900 spielte die Förderung von Salzen im Werratal eine große Rolle. Sie trug wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung der Region bei, in der die Industrialisierung erst spät Fuß fasste. Die Bedeutung des Bergbaus schlägt sich bis heute in der Landschaft nieder: Schon von weitem sind die „weißen Berge“ sichtbar.
Der größte Salzberg im Werratal ist der „Monte Kali“ bei Heringen. Die etwa 500 Meter hohe Salzhalde besteht aus Abfällen, die über viele Jahrzehnte bei der Kaliproduktion im Bergwerk Wintershall angefallen sind. Die Kaliindustrie prägt das Gesicht der Region seit mehr als hundert Jahren. Mit ihr entstanden im frühen 20. Jahrhundert das erste Eisenbahnnetz und zahlreiche Arbeitsplätze in dem von Landwirtschaft, Heimarbeit und dörflichen Strukturen geprägten Grenzgebiet zwischen Hessen und Thüringen.
Die engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Kalibergbau stellten die Region nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor große Herausforderungen. Die Arbeit in den Gruben wurde zwar schon 1946 wieder aufgenommen, doch durch die Teilung Deutschlands in Besatzungszonen waren manche Werke nur noch schwer erreichbar. So mussten die Arbeiter aus Kleinensee die Grenze zwischen der amerikanischen und der sowjetischen Zone überschreiten, um zum Kaliwerk Wintershall zu gelangen. Dort wurden sie kontrolliert und im schlimmsten Fall festgehalten. Für die Bewohnerinnen und Bewohner des Ortes bedeutete der eingeschränkte Zugang zu den umliegenden Werken eine wirtschaftliche Katastrophe, schließlich waren in Kleinensee etwa 85 Prozent der Erwerbstätigen im Bergbau beschäftigt. Erst der Ausbau alternativer Verkehrswege verbesserte die Situation. Bis heute ist das Werratal eine der wichtigsten globalen Abbauregionen für Kalisalz.
Zeitzeugeninterviews